OGT / OGTT

Während der Schwangerschaft verändert sich der weibliche Körper mit all seinen Organen und deren Funktionen, um sie den besonderen Anforderungen von Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit anzupassen. Dazu gehört auch eine gesteigerte Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse zur Regulierung des Blutzuckerspiegels. Hierbei kann es zu Störungen kommen.

Der Gestationsdiabetes tritt in 1-5% der Schwangerschaften auf. Jede 20. Frau entwickelt - vor allem in der 2. Hälfte der Schwangerschaft - einen so genannten Gestationsdiabetes (Schwangerschaftszucker), der häufig unbemerkt bleibt und daher eine Gefahr für Mutter und Kind darstellt. Meist bestehen die Ursachen - eine Insulinresistenz der Zellen - schon vor der Schwangerschaft. Folge ist der messbar erhöhte Blutzuckerspiegel. Die hohen Blutzuckerkonzentrationen gehen schließlich über Mutterkuchen und Nabelschnur auf das Kind über. Das Kind erhöht seine eigene Insulinproduktion und baut den Zucker als Fett in den eigenen Körper ein. Dies führt zur Makrosomie (erhöhtes kindliches Gewicht). Gleichzeitig produziert das Kind mehr Urin, wodurch die Fruchtwassermenge zunimmt - es entsteht ein Hydramnion. Dies sind Risikofaktoren für eine Frühgeburt. Die Kaiserschnittrate ist erhöht, häufig erfolgt eine Entbindung mit Saugglocke oder Zange, was wiederum erhöhtes Verletzungsrisiko für Mutter und Kind bedeutet.
Folgen für das Kind:
Es besteht ein erhöhtes kindliches Risiko für Makrosomie mit der Gefahr der Schulterdystokie unter der Geburt, neonatale Hypoglykämie, Polyglobulie, Hyperbilirubinämie (Gelbsucht), Atemnotsyndrom, intrauteriner Fruchttod.
Folgen für die Mutter:
Es besteht ein erhöhtes mütterliches Risiko für Harnwegsinfekte, EPH-Gestose (Schwangerschaftsvergiftung), erhöhte Kaiserschnittrate und ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Typ II-Diabetes (Risiko 40-50%).


Risikofaktoren, welcher die Entstehung eines Gestationsdiabetes begünstigen:
Diabetes mellitus bei einem Elternteil oder Geschwister
Ein BMI von 27 oder mehr
3 oder mehr Fehlgeburten in Folge
4500 gr. oder mehr bei einem Neugeborenen
Nach der Geburt eines Kindes mit angeborenen Fehlbildungen
Früherer Gestationsdiabetes
Nach der Geburt eines nicht lebensfähigen Kindes (Totgeburt)

Empfehlungen bei durchschnittlichem Risiko für Gestationsdiabetes:
Wenn keines der oben genannten Risiken zutrifft, besteht ein durchschnittliches Risiko für die Entwicklung eines Gestationsdiabetes. Hier reicht die einmalige Durchführung des Suchtests: zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoch.
Fällt der Test normal aus, so kann die Frau davon ausgehen, dass ihr Kind nicht durch einen Gestationsdiabetes gefährdet ist Der Suchtest zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche ist seit dem 01.03.2012 Bestandteil der Mutterschafts-Richtlinien-Vorsorge Die Kosten übernehmen somit die gesetzlichen Krankenkassen.

Empfehlungen bei hohem Risiko für Gestationsdiabetes:
Wenn ein oder mehrere der oben genannten Risikofaktoren zutreffen, besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Gestationsdiabetes. Hier sollte der Suchtest dreimal durchgeführt werden:
unmittelbar nach Feststellung der Schwangerschaft
zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche
zwischen der 32. und 34. Schwangerschaftswoche
Fallen die Tests normal aus, so kann auch eine Frau mit einem hohen Risiko recht sicher sein, dass ihr Baby nicht durch einen Gestationsdiabetes gefährdet wird. Empfehlung: zusätzlich 1. und 3. Test pro Schwangerschaft, bei hohem Risiko der Patientin.

Durchführung des OGT-Suchtest
Er sollte morgens mindestens eine Stunde nach einem normalen Frühstück durchgeführt werden. 50 gr. Glucose werden in 200 ml Wasser gelöst und innerhalb von 5 Minuten getrunken. Es besteht ein Verdacht auf einen Gestationsdiabetes, wenn der Blutwert nach einer Stunde 135 mg/dl oder höher ist. Zur genaueren Abklärung wird die Patientin zu einem Diabetologen (einem Arzt der auf die Behandlung der Zuckerkrankheit spezialisiert ist) überwiesen. Ein Wert von 200 mg/dl oder höher im Suchtest, lässt auch ohne weitere Aklärung die Diagnose eines Gestationsdiabetes zu. Die Bestimmung der Blutwerte erfolgt grundsätzlich durch venöse Blutentnahmen. Sollte der Wert des Suchtests erhöht sein, also 135 mg/dl oder höher, so muss ein großer Zuckerbelastungstest (OGTT) durchgeführt werden, um die Diagnose zu bestätigen.

Durchführung des OGTT-Test
Dieser kann beim Diabetologen oder in unserer Praxis durchgeführt werden. Er wird morgens nüchtern mit 75 gr. Glucose durchgeführt. Zunächst wird der Nüchternwert bestimmt, dann 60 und 120 Minuten nach Aufnahme des Zuckers. Die Bestimmung der Blutwerte erfolgt grundsätzlich durch venöse Blutentnahmen. Folgende Werte gelten als erhöht:
Nüchtern über 92 mg/dl
60 Minuten nach Zuckeraufnahme über 180 mg/dl
120 Minuten nach Zuckeraufnahme über 153 mg/dl
Sind 2 Werte erhöht, ist die Diagnose Gestationdiabetes bestätigt. Ist nur ein Wert erhöht, besteht eine eingeschränkte Glucosetoleranz. Diese wird jedoch wie ein Gestationsdiabetes behandelt.
Die Diagnose ist bereits bei einem erhöhten Nüchternwert von über 126 mg/dl möglich. Hier muss kein oGTT durchgeführt werden. Die Diagnose wird durch eine Zweitmessung bestätigt.
Ein Wert nach 2 Stunden über 200 mg/dl erlaubt ebenfalls die Diagnose, danach erfolgt eine HbA1c-Bestimmung.

Therapie:
Das weitere therapeutische Vorgehen wird mit einem geschulten Diabetologen besprochen. Folgende Blutwerte, die die Patientin selbst kontrollieren muss, sollten zunächst durch eine Ernährungsberatung erreicht werden.
Nüchtern unter 90 mg/dl
60 Minuten nach der Mahlzeit unter 140 mg/dl
120 Minuten nach der Mahlzeit unter 120 mg/dl
Die Patientinnen werden geschult, diese Werte durch eine Ernährungsumstellung zu erreichen. Bei Nichterreichen der angestrebten Blutwerte binnen ein bis zwei Wochen erfolgt die Umstellung auf eine Insulintherapie. Die Überwachung des Kindes und der Mutter erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen Gynäkologen (Wachstumskontrolle des Kindes, Kontrolle der Fruchtwassermenge, CTG-Kontrollen ab der 28. Schwangerschaftswoche) und Diabetologen (Beratung und Einstellung der Blutzuckerwerte, Ernährungsberatung). Die Patientin sollte spätestens am errechneten Termin in eine Geburtsklinik mit angeschlossener Kinderklinik eingewiesen werden.


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